Das war das Thema der „Denkwerkstatt Verein“ im März 24, mit der der DRV uns Vereinsvertetern die Arbeit wieder ein bisschen einfacher machen will. Von DRV-Seite lieferten Vera Hemb und Andreas König interessante Informationen und beantworteten gerne die Fragen aus dem Teilnehmerkreis. Abschließend wurden wir wieder in Kleingruppen zusammengewürfelt, um uns auszutauschen.
Einige Aha-Momente zum Ehrenamt
In der Kleingruppe sollten wir unter anderem unsere Aha-Momente sammeln. Für mich hatte der Abend einige davon. Der wichtigste Aspekt war die Professionalität, die für die Suche nach Ehrenamtlichen und den Umgang mit ihnen empfohlen wurde. Ich war schon in einigen Vereinen im Vorstand oder anderweitig engagiert, habe aber noch nie ein so systematisches Vorgehen erlebt. In vielen Vereinen wäre das sicher sehr nützlich gewesen und hätte sicher verhindert, dass ich durchaus auch mal frustriert mein Engagement beendet habe, weil es einfach nicht auf fruchtbaren Boden gefallen ist und nutzlos verpufft ist.
Wie also könnte es gut laufen? Mit Begriffen und Konzepten, die man vielleicht aus Unternehmen kennt, die aber im Verein ebenso nützlich sind.
Frankfurter Modell
Das Modell der Deutschen Sportjugend beschreibt den Lebenszyklus eines ehrenamtlichen Engagements in 5 Schritten. Dieses Modell gilt natürlich nicht nur für die Jugend, sondern ist generell eine sehr interessante Anleitung für eine professionelle Suche nach und Führung von Ehrenamtlichen. Die ausführliche Beschreibung steht zum Download zur Verfügung.
Ehrenamtliche finden
Vorstände, die darauf hoffen, dass in der Jahrenhauptversammlung schon irgendjemand „hier“ schreien wird, wenn ein Pöstchen zu vergeben ist, sind definitv auf dem Holzweg.
„Meet them before you need them“ wäre der viel bessere Weg, der dafür sorgt, dass Posten von den Personen besetzt werden, die die zugeordneten Aufgaben gerne übernehmen und damit auch gut machen.
Auf der einen Seite erfordert das einen Bedarfsplan, der die offenen Aufgaben, Projekte und Ämter mit den dafür benötigten Fähigkeiten auflistet. Auf der anderen Seite hilft es, die Talente, Hobbys und Interessen der Mitglieder zu kennen. Dann nämlich können beide Seiten kombiniert und Mitglieder gezielt angesprochen werden. Ist die zweite Seite „unterbelichtet“, ist immerhin noch eine Suche mit Stellenanzeigen möglich.
Fortschrittliche Vereine haben dafür ein systematisches Freiwilligenmanagement eingerichtet, das das Bindeglied zwischen den Wünschen der Mitglieder und den Anforderungen der Organisation darstellt. Der Freiwilligenkoordinator ist mit dem Vorstand verbunden und begleitet den gesamten Prozess. Er
- kennt den Bedarf
- erstellt Stellenprofile
- spricht Mitglieder an
- ermittelt den Qualifizierungsbedarf und
- sorgt für eine Anerkennungskultur während des Engagements
Die überwiegende Mehrheit der Engagierten wurden tatsächlich gefragt, ob sie sich eine Mitarbeit vorstellen können. Wenn das geschickt angestellt und in einem Moment passiert, wo die Stimmung positiv ist, kommt meist eine Zusage dabei raus. Den meisten Ehrenamtlichen ist der Spaß am wichtigsten, während materielle Anreize unbedeutend sind. Eine Anerkennung in ideeller, persönlicher, materieller oder überregionalen Art kann aber auch willkommen sein.
Ehrenamt im Wandel
Es gab Zeiten, in denen ein ehrenamtliches Engagement Pflicht war. Was grundsätzlich positiv ist, führt aber auch manchmal dazu, dass bestimmte Personen am Posten „kleben“ und damit alles Neue ausbremsen.
Heute sind vor allem bei jungen Leuten die zeitlichen Ressourcen begrenzt, so dass für sie eine Verpflichtung über mehrere Jahre oft nicht in Frage kommt. Viele wären aber bereit, sich in zeitlich begrenzte Projekte einzubringen.
Erfolgsfaktoren für ein gelingendes Engagement sind:
- Teamarbeit, z.B. mit doppelt besetzten Posten
- Partnerschaftsmodelle
- ein gutes Klima, in dem das Engagement Spaß macht
- Offenheit für neue Ideen
- individuelle Wertschätzung
Begleitung und Entwicklung
Der Freiwilligenkoordinator begleitet die Ehrenamtlichen in ihrem Engagement. Er führt regelmäßig Gespräche, um zu erfahren, ob die Ehrenamtlichen zufrieden sind oder wo sie Unterstützung gebrauchen könnten. Kennt er die Motive der einzelnen Personen für das Engagement, kann er zielgerichtet darauf eingehen, um die Person nicht zu enttäuschen.
Gerade junge Engagierte wünschen sich kleine Arbeitspakete, mit denen sie an die Aufgabe herangeführt werden, dazu Rückendeckung, Unterstützung, einen respektvollen Umgang sowie Anerkennung, die nicht viel mehr als ein einfaches DANKE sein muss.
Zur Entwicklung können natürich auch Aus- und Fortbildungen gehören. Der Sportentwicklungsbericht des DOSB hat gezeigt, dass ausgebildete Übungsleiter und Trainer länger im Verein bleiben und die Hälfte von ihnen sogar noch andere Aufgaben übernimmt.
Ende des Engagements und Perspektiven
Wer sich für ein Projekt engagiert, ist nach Ende des Projekts erstmal wieder ohne Aufgabe. Hier hilft ein Abschlußgespräch, in dem geklärt werden kann, ob ein Engagement in einem neuen Projekt oder sogar die Übernahme eines Amtes möglich ist.
Wenn das Engagement aus persönlichen Gründen des Ehrenamtlichen endet, z.B. weil sich seine Lebenssituation ändert oder er an einen anderen Ort umzieht, ist ein Abschlußgespräch ebenso angebracht. Einerseits sollte das Wissen des ausscheidenden Ehrenamtlichen in einem Übergabedokument festgehalten werden. Andererseits ist es schlau, den Kontakt nicht abreißen zu lassen. Vielleicht lässt sich der Ehrenamtliche zu einem späteren Zeitpunkt erneut für eine Aufgabe gewinnen. Oder er hält den Kontakt zum Verein in einem Ehemaligen-Netzwerk.
Was muss sich ändern?
Auf diese Frage kommt schnell die Antwort, dass Bürokratie abgebaut werden muss. So darf die Besetzung eines Postens durch ein Team nicht daran scheitern, dass immer nur eine Person dafür ins Vereinsregister eingetragen werden darf.
Manchmal scheitert ein ehrenamtliches Engagement auch daran, dass die potenziellen Kandidaten das damit verbundene Risiko nicht auf sich nehmen wollen. Auch hier können Teams eine Lösung sein, ebenso wie eine gute Einarbeitung in neue Aufgaben.
„Was sehen Sie hier?“ lautete die Frage von Andreas König:
- 2 + 2 = 4
- 3 x 3 = 9
- 10 – 5 = 6
- 20 : 10 = 2
An Hand dieses einfachen Beispiels stellte er plausibel dar, dass die deutsche Kultur fast immer eine falsche Gleichung sieht, aber nicht 3 korrekte Gleichungen. Auch hier könnte ein Sinneswandel einiges zum Positiven bewegen.
Wo gibt es Unterstützung?
Der Deutsche Ruderverband hat eine spezielle Broschüre zum Thema Ehrenamt erstellt, die zum Download zur Verfügung steht. Auch die Landessportbünde unterstützen, ob mit Beratung, Überraschungspaketen oder Dokumenten.
Fazit
Es ist sicher nicht leicht, Ehrenamtliche zu finden. Aber mit neuen Ideen und einem professionellen Vorgehen kann es gelingen und für alle Seiten zum Gewinn werden. Ich werde die DRV-Broschüre genau studieren und schauen, was wir in unserem jungen Verein daraus nutzen können. Und wenn ich darüber hinaus noch freie Zeit bei mir entdecke, hat ein weiterer Verein – egal in welchem Bereich – mit einem Freiwilligenkoordinator gute Chancen, mich für ein Projekt oder Amt zu gewinnen.
Danke an den DRV für die tolle Veranstatlung. Danke für das Titelbild an Martin Winkler.
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