Mitte Oktober trafen sich wieder etliche Ruderinnen aus ganz Deutschland online mit dem DRV, um weiter über frauenspezifische Themen im Rudersport zu diskutieren. Schwerpunktthema war dieses Mal das Kampfrichterwesen. Was hat das mit Frauen zu tun? Einiges, denn der DRV als weltweit größter Ruderverband wurde vom Weltverband gerügt, weil er zu wenige weibliche Kampfrichter stellt!
Bericht aus der Praxis
Wie lassen sich mehr Frauen für dieses Ehrenamt gewinnen? Sicher als erstes, in dem darüber informiert wird. Dafür hatte der DRV Marie Markhoff gewonnen. Nach ihrer Karriere als Ruderin, die mit einer Bronzemedaille bei der U23-WM im Vierer gekrönt wurde, hat Marie die Seite gewechselt und ist nun als Kampfrichterin aktiv.
Sie geniesst es, Regatten aus einer anderen Perspektive erleben zu dürfen und neue Regattastrecken, Orte und auch Leute kennenzulernen. Sie ist auch froh, mit ihrer neuen Tätigkeit einen Beitrag zum Regatta-Geschehen leisten zu können.
Kampfrichter/-innen arbeiten ehrenamtlich und müssen sogar selber für die Bekleidung entsprechend der Kleiderordnung der Wettkampfregeln sorgen. Nur die Unterbringung und Verpflegung übernimmt der Veranstalter.
Einstieg, Ausbildung
Anders als bei Übungsleitern gibt es keinen Ausbildungslehrgang für Kampfrichter. Das Lernen erfolgt stattdessen in der Praxis. Wenn der angehende Kampfrichter auf 3-4 Regatten alle Positionen erlebt hat, kann er mit der Prüfungsvorbereitung starten. An einem Wochenende erfolgt die Prüfung, die aus einem theoretischen und einem praktischen Teil besteht. Nach dem erfolgreichen Abschluss wird die Lizenz erteilt.
Marie Markhoff ist genau diesen Weg gegangen und hat seit 2021 zunächst bei Regatten mitgeholfen und im Kampfgericht hospitiert. Zwei Jahre später hat sie die Prüfung abgelegt und damit die Kampfrichterlizenz erworben. Diese ist bis zum 70. Lebensjahr gültig, wenn sie (und natürlich jeder andere Kampfrichter auch) in 4 Jahren mindestens 4 Wettkampfeinsätze absolviert und an der Wettkampfrichtertagung teilnimmt.
Wer Kampfrichter/-in werden möchte, muss mindestens 18 Jahre und darf höchstens 45 Jahre alt sein. Diese Obergrenze hat in der Zukunftswerkstatt für Verwunderung, bei der einen oder anderen Teilnehmerin vielleicht auch für Enttäuschung gesorgt, da doch „das heutige 50 das neue 30“ ist, wie eine Teilnehmerin zu Bedenken gab. Über eine Anhebung der Grenze auf 50 Jahre wird im DRV immerhin schon nachgedacht.
Vielfältige Aufgaben an der Regattastrecke
Kampfrichter/-innen übernehmen an wechselnden Orten ihre Aufgaben.
- Vorstart: Hier wird geprüft, ob alle Boote anwesend sind, sie werden sortiert, und die Kampfrichter-/innen stehen als Ansprechpartner bei Fragen zur Verfügung.
- Start: Kampfrichter in dieser Position prüfen die Mannschaften und erteilen den Startbefehl, wenn die Strecke frei ist. Sie begleiten das Rennen auch auf den ersten 100 Metern.
- Seite: Diese Position gehört zum Start, denn die Bugbälle müssen an der Startlinie ausgerichtet werden. Kampfrichter auf dieser Position würden auch einen Fehlstart feststellen.
- Motorboot: Hier begleiten die Kampfrichter das Rennen und sind die ersten Retter, wenn ein Boot kentert. Die Besatzung ist mit einem Megaphon und einer roten und weißen Flagge ausgerüstet.
- Zieleinlauf: Hier sind die Kampfrichter mit einem Fernglas ausgestattet und ermitteln den Zieleinlauf nach Bugnummern. Wenn das Motorboot nach dem Zieleinlauf die weiße Flagge zeigt, ist das Rennen ordnungsgemäß abgeschlossen.
- Kontrollkommission: In dieser Position sind die Kampfrichter an der Waage für Steuerleute und Leichtgewichte eingesetzt und prüfen, ob die Boote ordnungsgemäß mit einem Bugball und Sicherheitsbändern an den Schuhen ausgestattet sind.
Für die verfügbaren Kampfrichter gibt es ein Online-Portal mit dem Jahreskalender aller Regatten, auf dem sie sich für die Regatten ihrer Wahl „bewerben“ können. Der Veranstalter und der Kampfrichter-Obmann stellen sich dann ihr Team zusammen. Es kommt aber auch oft vor, dass Teams schon über Jahre bestehen und etabliert sind.
Nachwuchs gesucht
Wie in vielen anderen Bereichen ist auch bei den Kampfrichtern ein Generationenwechsel mit neuem Nachwuchs erforderlich. Wer Lust auf diese Aufgabe hat, kann sich an seinen Regionalbeauftragten wenden. Das gilt natürlich für Frauen und für Männer gleichermaßen. Für Frauen könnte die Perspektive Olympische Spiele aber noch ein ganz besonderer Anreiz sein. Da die Kampfrichter auf internationalen Regatten paritätisch besetzt sind und es weniger weibliche als männliche Kampfrichter gibt, sind die Chancen für Frauen aber höher, unter den 5 Ringen als Kampfrichterin eingesetzt zu werden.
Wie lassen sich vor allem Frauen als Kampfrichterinnen gewinnen? Das war die Frage, mit der die Teilnehmerinnen der Zukunftswerkstatt in eine Diskussionsrunde in Kleingruppen geschickt wurden.
Ein Vorschlag aus meiner Gruppe war beispielsweise, dass die Kampfrichter/-innen zumindest die Bekleidung gestellt bekommen sollten, die attraktiv ist und auch für schlechtes Wetter gut geeignet ist.
Alle anderen Ideen werden vom DRV gesichtet und wenn möglich weiter verfolgt.
Ausblick
Die 4. Zukunftswerkstatt endete mit einem Ausblick auf die nächsten Termine:
06.12.23 – Zukunftswerkstatt mit Schwerpunktthema Mentaltraining
07.02.24 – Zukunftswerkstatt „Trainerinnen für den DRV“
28.8.24 – Zukunftswerkstatt „Frauen entscheiden mit – Ehrenämter und Beteiligung“
25.10.24 – Zukunftswerkstatt in Präsenz auf dem Rudertag in Halle
Die Termine stehen schon fest in meinem Kalender. Ich freue mich auf spannende, neue Informationen und interessante Diskussionen.
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