Zukunftswerkstatt „Frauen im Rudersport“

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50 Ruderinnen aus dem ganzen Land trafen sich gestern Abend per Zoom in der Zukunftswerkstatt „Frauen im Rudersport“. Die Initiatve kam von ganz oben, also vom Deutschen Ruderverband. Die engagierte und fachkundige Leitung lag bei Martina Schott, die seit Oktober 2021 im Präsidium das Ressort Verbandsentwicklung und Vereinsservice inne hat. Nachdem die Satzungsreform erfolgreich abgeschlossen wurde, kann sie sich nun ihrem Herzensprojekt „Frauen im Rudersport“ widmen.

Weiter stellte sie sich den Teilnehmerinnen als Seiteneinsteigerin vor, die seit 15 Jahren bei der RG Speyer rudert. Und nicht nur das. Als Beraterin und Coach für Change Management und Expertin für Veränderungen in Organisationen hat sie auch im Verein einiges bewegt. Durch das Programm GRIT konnten viele Mädchen und junge Frauen gewonnen werden. Insgesamt setzt die RG Speyer auf funktionierende Gruppen, die das Rudern trotz unterschiedlicher Leistungsfähigkeiten gemeinsamschaftlich betreiben. Das macht allen Spaß und brachte dem Verein auch zwei begehrte Auszeichnungen.

Ziele des Abends

Nach dieser Vorstellung hatte Martina mit Ute Schäberle, ebenfalls rudernde Beraterin, ein kleines Interview vorbereitet, um in aufgelockerter Form die Ziele für das Meeting vorzustellen. Mit welchem Ergebnis wäre Martina nach den angesetzten 2 Stunden zufrieden?

Es sollen Themen gefunden werden, auf die der gemeinsame Blick gerichtet und zu denen Projekte aufgesetzt werden sollen, lautete die Antwort. Wichtig ist auch der Austausch von Wissen und Erfahrungen. Die Zeit in den Vereine und im Ehrenamt ist knapp, und so sollte nicht jeder immer wieder das Rad neu erfinden. Wenn also die Themen gefunden sind, die auf großes Interesse stoßen, gilt es, daran weiterzuarbeien und die Zukunft zu sichern.

Frauen im Rudersport

36% aller Mitglieder in deutschen Rudervereinen sind Frauen. Der Kreis der Delegierten weist aber nur 11% Frauen auf, und der Vorstand des DRV magere 2 Frauen. In der neuen Satzung ist eine Frauenquote von 30% für alle Gremien des DRV enthalten. Es ist eine Soll- und keine Mussquote, die aber immerhin eine Zustimmung von 87% fand. Nun gilt es, in der Praxis Orte und Lösungsräume zu schaffen, wo engagierte Frauen ihr Schwarmwissen teilen und einsetzen können.

Women Challenge

Diese Ergometer-Serie für Frauen, die gerade mit der stolzen Zahl an 2.840 Teilnehmerinnen begonnen hat, war vor einigen Jahren das erste große Frauenprojekt des DRV. Sie wurde ins Leben gerufen, um Frauen aller Leistungsstufen zum Wintertraining zu animieren. Das ist gelungen, würde ich sagen. Mehr geht natürlich immer.

Wie geht es den Frauen in den Vereinen?

Mit dieser Frage wurden wir in Kleingruppen geschickt. Wir sollten herausfinden, was wir brauchen, damit das Leben als Frau im Verein noch schöner wird. Umfragen unter den Teilnehmerinnen hatten ein recht gutes Bild mit der Zufriedenheit ergeben. Nur 5 Mal wurden die Schulnoten 4 und 5 vergeben. Nicht uninteressant auch die Erkenntnis, dass sich 2/3 der Teilnehmerinnen als Breiten- und 1/3 als Leistungssportlerinnen bezeichnen.

Die Diskussion in den Kleingruppen und später wieder im Plenum ergab, dass zwischenmenschliche Aspekte wie Akzeptanz, Wertschätzung, Sichtbarkeit und Toleranz ganz oben auf dem Wunschzettel stehen. Das betrifft neben den Vereinen auch die Ansprache auf Regatten, wo Mädchen und Frauen mitunter im Gegensatz zu den „starken Männern“ verbal abgewertet werden.

Dazu kommen noch weitere wichtige Themen für uns Frauen.

Keine Perspektiven für Frauen ab 35

In einigen Vereinen sind ambitionierte Frauen mittleren Alters leider nicht vorgesehen. Sie dürfen höchstens im Gigboot ein bisschen auf Wasser gehen. Weitergehende Ambitionen im Breiten- oder gar Leistungssport werden hingegen nicht gefördert.

Positive Beispiele zeigen aber, dass es sich durchaus lohnt, Erwachsene und Quereinsteiger aus anderen Sportarten zu akquirieren, ihnen eine gute Ausbildung und Trainingsmöglichkeiten zu bieten, anstatt sie „nur“ ins Gigboot zu setzen. Das Thema betrifft aber auch Frauen, die in der Jugend schon gerudert sind und nach einer längeren Pause, in der sie Beruf und Familie in den Vordergrund gestellt haben, zum Rudern zurückkommen.

Bootsmaterial

Die anatomischen Unterschiede von Männern und Frauen wirken sich auch auf das Bootsmaterial aus. Leichtere Boote, Clips für das schnelle Verstellen der Dollenhöhe, dünnere Skullgriffe, Rollsitze mit größeren Löchern oder Lochabständen, kleinere Schuhe und einfach erreichbare Bootslager sind die wichtigsten Punkte, die in manchen Vereinen schon berücksichtigt werden, in anderen aber noch nicht angekommen sind.

In der Diskussion kam auch klar heraus, dass Unisex-Bekleidung sowohl beim Rudern als auch für Verbands-Repräsentanten keine gute Wahl ist.

Duschen und Umkleiden

Frauen verlangen keine Wellness-Oasen, möchten sich aber beim Umziehen und Duschen wohlfühlen. Vielleicht fallen ihnen aber auch in die Jahre gekommene Fliesen einfach mehr auf als Männern. In manchen Vereinen gibt es erhebliche Größenunterschiede zwischen den Umkleiden für Männer und Frauen, die den Mitgliederzahlen nicht (mehr) entsprechen.

Die Duschmöglichkeiten haben durchaus Einfluss auf das Vereinsleben, denn wer nicht duschen kann, bleibt seltener nach dem Training noch in geselliger Runde im Verein.

Eine Teilnehmerin berichtete aus ihrem Verein, dass dort die Umkleideräume jahresweise getauscht werden, so dass in einem Jahr die Männer und im anderen Jahr die Frauen die größeren Räumlichkeiten nutzen dürfen.

Trainerinnen und Kampfrichterinnen

Mehr Trainer und vor allem Trainerinnen brauchen die schon rudernden Mädchen und Frauen und alle, die noch kommen sollen. Denn Überalterung ist in einigen Vereinen ein durchaus ernst zu nehmendes Thema.

Die FISA hat zudem festgestellt, dass es im DRV zu wenig Kampfrichterinnen gibt. Generell wäre es sicher auch hilfreich, wenn es leuchtende Vorbilder gäbe, die die Sportart Rudern im allgemeinen und für Frauen im speziellen als attraktiv darstellen würden.

Der Anfang ist gemacht

Mit dieser Stoffsammlung waren alle Teilnehmerinnen zufrieden, und auch Martinas Ziel für den Abend war erreicht. Ein zweites Meeting ist schon für Anfang Februar terminiert, um die nächsten konkreten Schritte zu planen. Ein regelmäßiger „Stammtisch“ zur Weitergabe von Erfolgskonzepten und Wissen steht als eine Möglichkeit im Raum. Online-Meetings sind dafür ein Segen. Ein Traum wäre aber auch ein echtes Treffen beim Rudertag im nächsten Jahr.

Ich freue mich schon auf den nächsten Termin und möchte mich auch darüber hinaus in der Zukunftswerkstätte engagieren. Unser junger Verein kann davon sicher profitieren, und wenn wir Erfahrungen teilen können, werden wir das natürlich auch tun.

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