Sehenswertes Wassersportmuseum Grünau

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Auf der Suche nach einem touristischen Rahmenprogramm rund um den Berliner Ergo-Cup bin ich auf das im September 2024 neu wieder eröffnete Wassersportmuseum Grünau gestoßen. Das ist natürlich gleich auf die „Machen-„Liste gekommen und war nach der Ankunft in Berlin tatsächlich mein erstes Ziel.

Schon in der S-Bahn-Station zeigen historische Postkarten die Bedeutung des Wassersports im Allgemeinen und des Rudersports im Speziellen in Grünau, die bis in die Kaiserzeit zurück reicht.

Im Dämmerlicht konnte ich noch einen Blick auf die Regattastrecke werfen und den Eingang zum Museum in der Regattastraße finden. In drei Räumen ist es mit vielen Exponaten und Infotafeln optimal gelungen, umfassend über verschiedene Themen rund um den Wassersport in Berlin zu informieren.

Wassersportgeschichte Grünau

Das Wasser in und um Grünau war schon immer ein Magnet für viele Menschen. Die Allgemeinheit hat nach Erholung und Spaß beim Schwimmen gesucht. Zu diesen Themen gibt es einige Exponate von Bademoden bis zu Rettungsgeräten.

Die Höhepunkte im Spitzensport auf der Regattastrecke waren die Ruder- und Kanubewerbe im Rahmen der Olympischen Spiele 1936 und die Europameisterschaften im Rudern der Frauen 1968. Davon wird in Videos berichtet, und es sind Erinnerungsgegenstände und Medaillen zu bestaunen.

Beeindruckt hat mich vor allem der Bericht einer damaligen Athletin, die im Winter zuerst das Eis weggeschlagen hat, bevor sie mit ihrem Einer auf Wasser gehen konnte. Kentergefahr oder Sicherheit waren da wohl keine Themen?

Inzwischen ist die Regattastrecke in Grünau nicht mehr für internationale Ruderregatten zugelassen. Aber die Anlage wird national natürlich weiter genutzt, sowohl von den ansässigen Rudervereinen als auch von anderen Wassersportarten mit Muskelkraft oder Motor.

Rudern: Material in vielen Facetten

Ein Blickfang mitten im ersten Raum sind die Riemen und Skulls von 1890 bis heute. Darunter kann man eine Gussform für Blätter bestaunen und sich mit der Herstellung der „Löffel“ beschäftigen.

Ganz oben hängen zwei Riemen aus den Jahren 1890 und 1938. Es folgen die roten Olympia-Rennskulls aus den Jahren 1960 und 1977. Das schwarze Blatt gehört zu einem Riemen aus DDR-Beständen von 1985. Der Big Blade-Skull hat ebenfalls Olympiawasser erlebt und stammt aus dem Jahr 1996.

Am Nachbartisch wird gezeigt, dass sich das Rudern auch sehr gut für Menschen mit Beeinträchtigungen eignet. Der dort ausgestellte historische Schwimmer erinnert zwar mehr an eine Bettpfanne, ist aber in der aktuellen Form, die eher einer Banane nahekommt, eine gute Hilfe für Parasportler und auch für Anfänger oder „Angsthasen“ im Winter. In einem Video gibt ein Berliner Para-Ruderer Einblick in seine sportlichen Aktivitäten.

Natürlich gibt es auch diverse Boote zu bestaunen, ob ganz, in Teilen oder in faszinierenden Modellen. Beeindruckend ist der Knickspant-Einer des Bootsbauers Praetzel aus Berlin-Friedrichshagen. Er besteht aus Sperrholz, sieht aber wie Leder aus. Mit seinem langen, schmalen Rumpf war er besonders schnell.

An Modellen und Bootsteilen kann man den Unterschied zwischen der Klinker-, Kraweel- und Schalenbauweise studieren. Schmal und hoch in die Höhe reckt sich der Bug eines Renneiners, knapp halb so hoch aber gut doppelt so breit steht daneben der Bug eines Gig-Boots. Beide haben ihre Berechtigung, und so wird das Wanderrudern auch im zweiten Raum unter anderem mit einem weiteren Bootsmodell und dem Äquatorpreis thematisiert.

Rudergeschichte in Berlin

Man muss den Kopf schon weit in den Nacken legen, um die vielen Wappen der Berliner Wassersportvereine zu betrachten, die an einer Wand angebracht sind. Berlin soll mehr Rudervereine haben als Bayern, habe ich kürzlich gehört. An einem Touchscreen kann man jeden einzelnen Verein auf einem Stadtplan anklicken und staunen, wie viele Flüsse, Kanäle und Seen es in der Stadt gibt und wo die Bootshäuser liegen.

Neu für mich war das Thema der Arbeitervereine im Gegensatz zu den Bürgerlichen Vereinen, mit denen die Rechte der Frauen im Sport eng verbunden sind. In letzteren standen Geld und Tradition im Vordergrund, während Frauen nicht zugelassen waren. Einige der herrschaftlichen Vereinshäuser bestehen noch heute, und diverse Pokale von 1907 bis 1937 zeugen von glanzvollen Zeiten und sportlichen Leistungen.
Parallel dazu gründeten Arbeiter und Arbeiterinnen ab 1892 ihre eigenen Vereine, um ebenfalls rudern oder andere Wassersportarten betreiben zu können.

Auch die Geschichte des Museums rund um den Stifter vieler Exponate wird in einem Bereich dargestellt, denn die erste Ausstellung wurde 1980 eröffnet, als sich Grünau in Ost-Berlin befand und die DDR-Sportler dort ihr Trainingszentrum hatten.

Doping – die Schattenseite des Spitzensports

Auch dieses heikle wie dunkle Thema wird nicht ausgespart. Der Dopingskandal des Jahres 1952 um den Achter aus Flörsheim/Rüsselsheim wird ebenso dargestellt wie Videoberichte von aktiven Ruderern aus der DDR-Zeit.

Fazit

Drei Räume, wobei im dritten Raum derzeit „nur“ ein Video-Monitor steht, scheinen wenig zu sein. Mit den vielen Exponaten, Tafeln, Video- und Audio-Stationen wird aber sehr viel geboten, und man kann sich ziemlich lange im Museum aufhalten, wenn man alle Möglichkeiten eifrig nutzt.

Den Organisatoren ist es sehr gut gelungen, viele Themen darzustellen, und das nicht nur oberflächlich, sondern sie wirklich umfangreich und mit Tiefgang zu präsentieren. Vielleicht wird der dritte Raum ja im Laufe der Zeit noch weiter gefüllt.

Mir hat das neu gestaltete Museum sehr gut gefallen, und ich kann es allen Ruderern und Wassersportfreunden empfehlen. Der Eintritt ist frei, und die Öffnungszeiten sind so großzügig, dass ein Besuch in jede Freizeit- oder Reiseplanung passen sollte.

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